Einsatz Katastrophenschutz im Ahrtal
Die technische Einsatzleitung der Stadt Neustadt beschloss unmittelbar nachdem ein erstes Ausmaß der überörtlichen Katastrophenlage im Ahrtal absehbar wurde, Einheiten der freiwilligen Feuerwehr und des Katastrophenschutzes zu entsenden.
Das DRK übernimmt hierbei im städtischen Auftrag mit seinen Schnelleinsatzgruppen die medizinische Versorgung von Verletzten, die Betreuung und die psychosoziale Notfallversorgung von Betroffenen und Einsatzkräften.
Zum Zeitpunkt des Abrückens waren in Anbetracht des außergewöhnlichen Umfanges des Ereignisses nur wenige Details bekannt, Führungsstrukturen vor Ort befanden sich noch im Aufbau. Schlussendlich wurde die besonders hart von dem Ereignis betroffene Ortsgemeinde Mayschoß im Landkreis Ahrweiler zum Einsatzort der Neustadter Einheiten.
Schnell wurde klar, dass der Bedarf medizinischer Hilfe vor Ort weit über den primär zur Absicherung der eigenen Einsatzkräfte entsandten einen Rettungswagen hinausgeht.
In den folgenden Tagen stellte der DRK Stadtverband Neustadt kontinuierlich bis zu 15 Einsatzkräfte inkl. Arzt, die im 48-Stunden-Turnus abgelöst wurden.
Zu den vielfältigen Aufgaben gehörten u.a. die medizinische und psychosoziale Versorgung/Betreuung von Einsatzkräften und freiwilligen Helfern, aber auch der Bevölkerung, Koordinations- und Kommunikationsaufgaben zur lokalen und überörtlichen Einsatzleitung u.v.m.
Unabhängig von unserem gemeinsamen Einsatz mit der freiwilligen Feuerwehr Neustadt in Mayschoß erfolgte am 15.7. die Alarmierung der Medical Taskforce (MTF) 40 des Bundes. Diese besteht als eine von insgesamt 61 dezentral bundesweit stationierten MTFs, aus unterschiedlichen Fahrzeugen und Fachgruppen (https://www.bildungsinstitut-rlp.drk.de/fileadmin/downloads/Fuehrungs_und_Leitungskraefte_der_Bereitschaften/Fuehrungskraefteausbildungen/MTF_DRK_LV_RLP.pdf)
Das DRK Neustadt betreibt und besetzt als Teileinheit der MTF 40 einen Gerätewagen Sanität (GW San). Hierbei handelt es sich um einen 14t LKW mit Doppelkabine, beladen mit medizinischer Ausrüstung zur Akutversorgung mehrerer verletzter/erkrankter Personen. Gemeinsam mit anderen MTF-(Teil-)Einheiten lassen sich so standardisierte Behandlungsplätze für mehrere Hundert Betroffene bilden. Unser GW San (51/59-1) rückte besetzt mit sechs ehrenamtlichen Rettungssanitätern inkl. Gruppenführer um 13 Uhr in Richtung Ahrtal aus.
Unser GW San „Bund“ kommt ebenso im Rahmen der behördlichen Amtshilfe auch innerhalb Neustadts mit unserer Schnelleinsatzgruppe Behandlung zum Einsatz.
Hier einige persönliche Berichte, Erfahrungen und Fotos unserer eingesetzten Helferinnen und Helfer.
Theresa Uloth (ehrenamtliche Gruppenführerin und Rettungssanitäterin):
„Eines sollten Sie durch diesen Einsatz lernen: Wenn man auf seinem Dach, am Rand des Todes sitzt, merkt man, dass kein Besitz, kein Eigentum so viel Wert ist wie die Liebe und Beziehungen die man in seinem Leben erfahren hat.“
Mit diesen Worten eines Bewohners habe ich meinen zweiten Einsatz im Krisengebiet beendet. Mehrere Tage lang habe ich beobachten können wie recht der Mann hatte. Einige Menschen im Ahrtal haben keinen Besitz, kein Eigentum mehr. Aber die Beziehungen zwischen den Dorfbewohnern, Ehrenamtlichen Kräften wie Feuerwehr, THW, DRK, Bundeswehr und Polizei, geben allen Beteiligten Kraft. Es war erstaunlich zu sehen wie gut die einzelnen Organisationen zusammenarbeiten, wie viele Ehrenamtliche Helfer innerhalb kürzester Zeit Hilfe, Infrastruktur, medizinische Versorgung, Verpflegung etc. anbieten konnten. Jeden Tag konnte man die Fortschritte sehen, die Dankbarkeit der Bewohner hat mich persönlich überwältigt. Ich habe mit vielen Betroffenen gesprochen, mit ihnen gelacht und ihnen eine tröstende Hand gereicht. Ich bin froh in einer Organisation tätig zu sein, die mit Menschlichkeit und Ehrenamtlichkeit so viel bewerkstelligen kann. Ich wünsche den Betroffenen, den freiwilligen Helfern und den Einsatzkräften vor Ort weiterhin viel Kraft und Durchhaltevermögen.
Tarek Alhomsi (Arzt)
Vor ein paar Tagen endete der Einsatz des Katastrophenschutzteams aus Neustadt an der Weinstraße in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten. Es war mir eine Ehre, der erste Arzt zu sein, der mit „unserem“ Team in den Einsatz kam. Ich habe dort ungefähr 80 Stunden verbracht.
Diese Stunden waren mit die schönsten und härtesten Momente meines Lebens, und gaben mir unvergessliche Erlebnisse.
Da war viel Traurigkeit wegen der Menschen, die ihre Familie, ihre Freunde oder ihr Zuhause verloren haben und alles, was sie in ihrem Leben erschaffen haben. Da war Freude, um Patienten zu helfen, ihnen Medikamente oder Impfstoffe zu geben, ihre Wunden zu behandeln oder den Transport schwieriger Fälle per Helikopter in die Krankenhäuser zu gewährleisten. Was mich am meisten überrascht hat, war die Liebe, das Lächeln und die Dankbarkeit der Dorfbewohner, die trotz ihres Verlustes immer ein Lächeln, Freundlichkeit, Dank und Wertschätzung ausgetauscht haben.
Freunde fragen mich oft, warum ich mich für Deutschland entschieden habe.
Ich werde nicht über die Schönheit der Natur sprechen oder über das Rechtssystem und die Einhaltung der Gesetze oder über den angenehmen Lebensstandard. Ich erzähle einfach die Geschichte von MAYSCHOSS.
Ich werde sagen, dass die Leute alle in einer Linie aufgereiht standen: Feuerwehr, Polizei, Armee, Sicherheit, Sanitäter und Freiwillige aller Farben und Nationalitäten aus verschiedenen Städten und Dörfern. Ich werde ihnen von der Kirche erzählen, die mit Essen, Kleidung und Spenden gefüllt war. Ich werde von der kleinen Apotheke erzählen, die wir an der Ecke der Kirche eingerichtet haben. Ich werde von der älteren Dame erzählen, die Suppe gekocht hat. Sie fragte mich jeden Morgen nach meiner Familie und ihrer Gesundheit in Damaskus. Ich werde sagen, dass manche Gefühle mit Geld nicht zu kaufen sind. Ich werde sagen, wie stolz ich drauf bin, ein Teil der Blaulichtfamilie und dieser Gesellschaft zu sein.
Mögen alle Menschen von allen Nationen in Frieden leben, bei guter Gesundheit und Liebe, ihr ganzes Leben lang.